Poenigeturm Banner

DER POENIGETURM
Die Stadt Menden war nach 1344 von einer Stadtmauer mit drei Toren und zwölf Wehrtürmen umgeben. Drei dieser Türme sind noch erhalten. Der Rest der Stadtbefestigung wurde um 1800 herum abgebrochen.
Der westlichste Turm erhielt seinen Namen „Peinigerturm“ sicher im Zusammenhang mit den Hexenverfolgungen in Menden. Zwischen 1592 und 1631 wurden in Menden 47 Frauen und Männer der Hexerei beschuldigt, in diesem Turm eingekerkert, zur Erzwingung von Geständnissen gefoltert, verurteilt und dann hingerichtet.
Nach dem Ende der Hexenverfolgungen blieb der Poenigeturm städtisches Gefängnis. 1872 wird von seiner Nutzung als städtisches Obdachlosenasyl berichtet. Noch in den 1960er Jahren trocknet hier die Mendener Feuerwehr ihre Schläuche.

Heute erinnert der Poenigeturm an die Menschen, die hier dem Hexenwahn zum Opfer fielen. Unter dem Dach des Turms setzen 47 Hexenschreine der Künstlerinnen Ulla Brockfeld und Dagmar Müller Details aus den erhaltenen Folterprotokollen in symbolische Gestaltungen um.

Poenigeturm im Stadtmodell von Menden um 1829
Ausschnitt des Stadtmodells von Menden um 1829, gebaut von G. Hanke und W. Stehmann, Poenigeturm im Vordergrund

Hier finden Sie den Poenigeturm:

Karte Innenstadt Menden
1-Stadtmuseum 2-Schmarotzerhaus 3-Poenigeturm

Öffnungszeiten

Der Poenigeturm ist zu Fuß vom Stadtmuseum aus erreichbar (siehe Karte links unten). Die Besichtigung des Innenraums ist nur bei öffentlichen Führungen oder nach besonderer Vereinbarung möglich. Führungen sind an folgenden Samstagen (11 – 12 Uhr):
3.2, 3.3, 7.4, 5.5, 2.6, 7.7, 4.8, 1.9, 13.10, 3.11, 8.12

Freier Eintritt. Spenden sind willkommen.
Der Poenigeturm ist für in der Bewegung benachteiligte Menschen NICHT geeignet.

Kontakt

Museum für Stadt- und Kulturgeschichte
Marktplatz 3
58706 Menden

Tel: 02373/903 ABCD
Mail: museum@menden.de
Web: www.museum-menden.de

Der Poenigeturm konnte mit Unterstützung vieler Förderer und ehrenamtlicher Helfer von der Mendener Stiftung Denkmal und Kultur restauriert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

DIE STADTBEFESTIGUNG
Menden bildet im Mittelalter den westlichen Vorposten des Herzogtums Westfalen, das dem Erzbischof und Kurfürsten von Köln gehört. Von Norden und Süden versuchen die Grafen von der Mark, diese in ihr Gebiet ragende Nase zu erobern. Von Osten greift der Graf von Arnsberg nach Menden, um seine Isolation im Herzogtum Westfalen zu überwinden.
Die Kölner Fürsten wiederum haben wenig Lust, viel Geld und Zeit in die Verteidigung des fernen „kurkölnischen“ Sauerlands zu stecken, das vielleicht doppelt so groß ist wie ihr Stammland am Rhein – aber kaum Geld einbringt.
Menden ist oben in der Bildmitte mit einem Stern markiert:

Herzogtum Westfalen um 1645
Herzogtum Westfalen um 1645, Copyright Wikipedia Cc-by-3.0, NordNordWest
Weil die Märker und Arnsberger Grafen den kleinen, nur mäßig wehrhaften Ort Menden immer wieder angreifen, plündern und zerstören, entschließt sich Erzbischof Walram von Jülich im Jahr 1344, einen starken Befestigungsring um die Stadt zu bauen.
Eine Stadtmauer mit zwölf Wehrtürmen, der höchste davon der Poenigeturm, und drei Stadttore machen aus Menden eine mittelalterliche Stadt wie aus dem Bilderbuch. Der Poenigeturm ist rot markiert:

 

Menden Stadtbefestigung
Grundriss Stadtbefestigung Menden um 1400, Zeichnung Werner Wittig, Museum Menden

Der Mendener Lehrer und Grafiker K. H. Rickert versucht 1957, nach den Erkenntnissen der Heimatforscher die Stadtbefestigung von 1620 bildnerisch zu rekonstruieren – im Stil des bekannten Kupferstechers Matthäus Merian. Auch in dieser Abbildung ist der Poenigeturm rot markiert.

Weitere Informationen zum Poenigeturm im Internet.

Stadtmauer Menden um 1620
Menden mit Stadtmauer um 1620, Zeichnung von Karl-Heinz Rickert im Stile Merians 1957, Museum Menden

Hier wird eine Bildleiste (wie oben) zu den Hexenschreinen eingefügt.

DIE HEXENPROZESSE

Der Dreißigjährige Krieg belastet die Menschen nicht nur mit den Kämpfen um Herrschaft und Religion – sein erstes Jahrzehnt ist auch der Höhepunkt der „Kleinen Eiszeit“ mit kalten und verregneten Jahren voller Missernten und anderer Katastrophen. Wie immer, wenn die Menschen Existenzangst bedrückt, suchen sie Gründe und Schuldige. Aus Angst wird Hass und der Wunsch, sich an den Verursachern des Elends zu rächen.

Das Elend ist ein Werk des Teufels, verursacht durch seine Diener, die Hexen und Hexer. So sagen es der Papst und Martin Luther. Erst schließen böse Menschen einen Pakt mit dem Teufel, dann zaubern sie Pest, Hunger und Elend herbei.

1. Teufelspakt

2. Teufelsbuhlschaft

3. Hexenflug und Verwandlung

4. Teilnahme am Hexensabbat

5. Schadenszauber

Teufel reitet mit Hexe auf Pferd

Ein Hexer oder eine Hexe zu sein, ist noch keine strafbare Handlung. Natürlich ist es eine Sünde, so sagen jedenfalls Martin Luther und der Papst. Aber dafür wird keiner umgebracht. Des Todes ist nur, wer den Menschen schadet – wer also einen Schadenzauber begeht. Nur dafür wird ihm (oder ihr) der Prozess gemacht.
Das Verfahren ist exakt festgelegt. Die 5 genannten Punkte müssen alle „gestanden“ werden – möglichst reich mit Details versehen. So wie heute die Polizei im Verhör gern „Insiderwissen“ hervorlockt, um sicher zu gehen, dass nur der Verhörte der Täter sein kann.
Insbesondere das „Geständnis“ des Schadenzaubers muss exakt zu einem Schaden (Krankheit, Tod, Feuer-, Wasser-, Ernteschaden usw.) passen, der sich auch wirklich zugetragen hat. Das macht die Neugier und Detailverliebtheit der Verhörprotokolle begreiflich. Sie entspringt nicht der Lust am Foltern, sondern es ist die deutsche Gewissenhaftigkeit der Schergen bei der Erfüllung ihrer Dienstpflichten.

DIE HEXENSCHREINE

 

Die letzte Welle von Hexenprozessen in Menden findet in den Jahren 1628, 1630 und 1631 statt. Beginnend mit Aussagen bei Hexenprozessen in Voßwinkel und Balve werden in Menden 20 Männer und 27 Frauen wegen Zauberei angeklagt. Für diese Verfahren existieren noch die Prozessakten. Jedes Verfahren hat zwei Ziele: Es soll zum einen die Angeklagten als Täter eines (oder mehrerer) Schadzauber überführen. Zum anderen sollen die Täter die Namen weiterer Hexer und Hexen nennen, damit man dem Teufelsspuk endgültig ein Ende machen kann.

Die Serie endet erst, als im März 1631 die Angeklagte Dorte Hilleke trotz massiver Folter keine weiteren Namen nennt und damit der Anklage der „Nachschub“ für weitere Verfolgungen fehlt.

Verhör mit Folter

Inneres eines Schreins
Wer mit dem Teufel im Bund war, trug ein „Hexenmal“ auf der Haut. Die Körper der Angeklagten wurden nach diesem Zeichen abgesucht. Gern rasierte man dafür den Frauen die Köpfe kahl. Dieser Augen-Achat zwischen silbernen Nadeln im Schrein Nr. 39 erinnert an ein Hexenmal. Bild: Museum Menden

Die erhaltenen 47 Prozessakten inspirierten die Mendener Projekt-Künstlerin und Keramikerin Ulla Brockfeld (+) und die Iserlohner Künstlerin und Goldschmiedemeisterin Dagmar Müller. Aus jeder Leidensgeschichte wählten sie einen Satz oder eine Begebenheit mit Symbolcharakter aus, der sich in einem kleinen Kunstobjekt oder -arrangement ausdrücken ließ. Diese Objekte bargen sie in 47 kleine Schreine aus schwarzem Ton. An Urnen oder Reliquien-Gefäße erinnernd halten die Schreine jetzt – über den ganzen Turm verteilt – die Erinnerung an jene schrecklichen Schicksale wach.

Weitere Informationen zu den Hexenverfolgungen in Menden und Westfalen sowie den Hexenschreinen:
Werwolf aus Wickede
Hexen und Zauberer 1628 in Menden
Dorte Hilleke
Hexen-Gedenkstätten in Westfalen